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Re: Sensibilität beim access-Tagging


Geschrieben von Mammi71 (Gast) am 24. Mai 2020 21:41:42: [flux]

Als Antwort auf: Sensibilität beim access-Tagging geschrieben von kreuzschnabel (Gast) am 16. Mai 2020 21:53:

flohoff wrote:

Ich Verweise hier auf den Hausfriedensbruch - Dort wird eindeutig a) auf das "befriedete Besitztum" verwiesen und b) und die "aufforderung des Berechtigten" nicht befolgt.

https://dejure.org/gesetze/StGB/123.html

D.h. Wenn da kein Zaun, Kette, Flatterband o.ä. ist - Keine Befriedung. Wenn da kein Schild hängt und der Besitzer dir nicht gesagt hat das du das Grundstück zu verlassen hast keine Aufforderung oder Verletzung der Befugnis. Zumindest ist das meine Interpretation als nicht juristisch Gebildete Person.

Nun ja, zum deutschen Rechtssystem gehört ein klein wenig mehr als nur der reine Wortlaut eines Gesetzestextes. Es liegt in der Natur der Sache, dass ein Gesetz nicht in der Lage ist, jeden erdenklichen Einzelfall zu regeln und Gerichte dann im konkreten Einzelfall auch mal einen Gesetzestext auslegen und auf den konkreten Fall übertragen müssen, um zu einer Entscheidung zu kommen. Viele solcher Auslegungs-Entscheidungen bilden dann eine sogenannte "herrschende Meinung", also wie ein explizit gesetzlich geregelter Fall auf einen ähnlichen, vergleichbaren, aber nicht ausdrücklich gesetzlich geregelten Fall angewendet wird.

Konkret zur hiesigen Streitfrage:

Ein befriedetes Besitztum ist ein in äußerlich erkennbarer Weise gegen Betreten durch zusammenhängende (nicht notwendigerweise lückenlose) Schutzwehren gesichertes bebautes oder unbebautes Grundstück. Befriedet ist dabei gleichbedeutend mit „eingehegt“.
Beispiele: eingefriedete Äcker, Weiden und Schonungen, Lagerplätze, Friedhöfe, Kirchhöfe

Nach allgemeiner Ansicht gelten auch (unbewohnte) Neubauten, leer stehende Wohnungen und zum Abbruch bestimmte Häuser als befriedetes Besitztum. Ferner gehören nach herrschender Meinung auch sog. Zubehörflächen zum befriedeten Besitztum. Dabei handelt es sich um solche Grundstücksflächen bzw. Raumgebilde, die selbst nicht abgeschlossen, jedoch für jedermann erkennbar mit geschützten Räumen örtlich und funktional eng verbunden sind, etwa Höfe oder Vorgärten.

Quelle: https://www.juraforum.de/lexikon/befriedetes-besitztum

Dies, lieber flohoff, stützt die Ansicht vieler Schreiber hier in dieser Diskussion und steht entgegen Deiner persönlichen Rechtsauffassung. Um ein befriedetes Besitztum anzunehmen reicht es also aus, wenn nach allgemeiner Verkehrsauffassung eine Grundstücksfläche erkennbar zu einem befriedetes Besitztum dazugehört. Da gehört eine Hofeinfahrt eines Wohngrundstückes dazu, auch wenn diese nicht durch ein Tor verschlossen ist.
Briefträger und Postbote benötigen für das Betreten des Grundstückes auch keine explizite Erlaubnis. Wenn sich Klingel und Briefkasten an der Haustür auf dem Grundstück befinden und nicht neben einem geschlossenem Tor an der Grundstücksgrenze, ist die Erlaubnis durch schlüssiges Handeln und allgemeine Verkehrssitte erteilt.